Im Dezember 2018 ist endgültig Schicht im Schacht. Die letzten beiden Steinkohlenzechen in Deutschland schließen: Prosper-Haniel in Bottrop und Anthrazit Ibbenbüren im Tecklenburger Land. Damit endet eine Ära des Industriezeitalters.
Mehr als 250 Jahre lang wurde das „schwarze Gold“ in Deutschland unter Tage abgebaut. Der Steinkohlenbergbau hat besonders das Ruhrgebiet geprägt und tausende Arbeiter aus Deutschland und den Nachbarländern in die Region geholt.
In dieser Multimedia-Reportage erzählen vier Menschen aus der Region über ihre Erfahrungen und Erlebnisse rund um den Bergbau. Ein ehemaliger Steiger aus Dortmund erzählt, wie die Arbeit unter Tage früher war. Eine Bergmannsfrau aus Dorsten berichtet vom Leben in einer Bergbausiedlung. Ein junger Steiger aus Dinslaken sagt, wie traurig er und seine Kumpel über das Ende des Steinkohlenbergbaus sind, und ein ehemaliger Kokerei-Techniker aus Bottrop erklärt, wie Kohle entsteht und Koks hergestellt wird.
Das Muttental in Witten gilt als Wiege des Ruhrbergbaus. Einer Legende nach soll ein Schweinehirte zufällig auf die Steinkohle gestoßen sein, als er sich ein Lagerfeuer anzündete und die Glut am nächsten Tag immer noch glimmte. Er soll die glänzenden Kohlen entdeckt haben und von da an nur noch mit der Kohle Feuer gemacht haben. Denn Steinkohle gibt länger Wärme ab als Holz.
Bereits Mitte des 16. Jahrhunderts gab es erste kleine Schächte und Stollen zum Kohlenabbau in der Region. Dieser Abbau fand allerdings noch nahe der Erdoberfläche statt. Um das Jahr 1800 begann dann der eigentliche Tiefbau auf der Zeche Vollmond bei Bochum. Schnell entwickelte sich das Ruhrgebiet zur größten Bergbauregion Europas.
Die Höhepunkte waren im Jahr 1920 und 1945: In den Goldenen Zwanzigern haben etwa 500.000 Bergleute auf knapp 200 Zechen gearbeitet – zur Zeit des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg wurden 150 Millionen Tonnen Kohle pro Jahr gefördert. Um 1958 kam es dann zur Kohlekrise. In den folgenden Jahren mussten 40 von 136 Zechen geschlossen werden. Etwa 160.000 Menschen verloren ihren Arbeitsplatz. Ab diesem Zeitpunkt wurden immer mehr Zechen geschlossen und Mitarbeiter entlassen.
Ende 2018 schließt die letzte Zeche im Revier. Dann beginnt der Rückbau. Für die Ruhrkohle AG (RAG) geht die Arbeit weiter: Etwa 650 Menschen werden mit dem Rückbau und den Ewigkeitskosten beschäftigt sein. Hierzu zählt die Regulierung des Wasserhaushalts über und unter Tage. Ab dem Jahr 2019 fallen für die RAG-Stiftung jährlich Kosten in Höhe von rund 220 Millionen Euro an. Bergbauschäden, also Schäden an Bauwerken, die durch den Bergbau entstanden sind, werden nicht den Ewigkeitskosten zugerechnet. Diese Finanzierung läuft nicht über die RAG-Stiftung, sondern dafür hat die RAG selbst Rückstellungen gebildet.
Auch wenn der Steinkohlenbergbau ab Ende 2018 in Deutschland Geschichte ist, bleibt diese prägende Zeit für die Menschen in der Region allgegenwärtig. Knappenvereine und Bergbaumuseen halten die Erinnerung wach. Darüber hinaus erinnern zahlreiche Industriedenkmäler wie die Halde Prosper Haniel und das Tetraeder in Bottrop, das Gasometer in Oberhausen, die Kokerei Hansa in Dortmund, der Landschaftspark Duisburg-Nord und das UNESCO-Kulturerbe Zeche Zollverein in Essen an diese für die Wirtschaft in Deutschland bedeutsame Zeit.
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